Das Konzil von Trient und die Moderne

Paolo Prodi, Wolfgang Reinhard (edd)


Collana: Schriften
Numero: 16
Editore: Duncker&Humblot
Città: Berlin
Anno: 2001
Pagine: 452

Cartaceo

Prezzo: € 109,00
ISBN:978-3-428-10641-5

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Libro

In dem vorliegenden Sammelband wird der Versuch unternommen, das Konzil von Trient in die fundamentale religiöse, kulturelle und politische Bewegung einzugliedern, die im 16. und 17. Jahrhundert alle europäischen Gesellschaften erfaßte. Darüber hinaus werden die Schnittpunkte der Entstehung des modernen Staates und der Wandlung der Kirchenstrukturen mit der Entstehung der Territorialkirchen lokalisiert. Die Beiträge des Tagungsbandes (Ergebnis einer Studienwoche des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient) befassen sich mit verschiedenen Aspekten der Konfessionalisierung und stellen die Frage nach der Bedeutung der Modernisierung durch die vom Konzil von Trient ausgehenden Reformimpulse.
Zu diesem Zweck haben die beiden Herausgeber, Paolo Prodi und Wolfgang Reinhard, die sich beide unter verschiedenen Gesichtspunkten immer wieder mit dem Problem der Modernisierung in der Frühen Neuzeit auseinandergesetzt haben, beinahe provokatorisch einige Paradigmen zur Deutung der modernen europäischen Geschichte eingeführt: Modernisierung, Rationalisierung, Individualisierung und Sozialdisziplinierung. Im Gefolge von Ernst Troeltsch und Max Weber läßt sich heute die Frage stellen, ob das Christentum des Okzidents aktiv an der Entstehung der Moderne beteiligt war, oder ob es sie nur passiv erlebt hat und allein dessen andere Seite, die Tradition, darstellt.
Die einzelnen Beiträge des Tagungsbandes setzen sich mit diesen Paradigmen auseinander: Sie akzeptieren, diskutieren oder verwerfen sie. Besondere Themenkomplexe wie die Beziehungen von Kirche, Reich, Landesfürsten und Konzil, die in Trient neu eingeführten technischen Verfahrensregeln der Konzilsdebatten, die Rolle der neuen religiösen Orden, die veränderte Seelsorge und Volksfrömmigkeit, die Beichte als (Selbst-) Disziplinierung, die nachtridentinische Heiligenverehrung, die Visitation als Instrument obrigkeitlicher Disziplinierung, die reglementierte (und langfristig säkularisierte) Ehe, die Rolle der Frau, der Einfluß des Konzils auf die Naturwissenschaften und Wirtschaftsethik sowie weitere Fragen werden hier neu untersucht. Die Betrachtung erfolgt nicht länger allein in der kirchlich-religiösen oder der weltlichen Sphäre, sondern ist in deren Spannungsfeld eingebettet.

Indice

P. Prodi - Das Konzil von Trient in bezug auf Politik und Recht der Neuzeit. Eine Einleitung
W. Reinhard - Das Konzil von Trient und die Modernisierung der Kirche. Einführung
K. Repgen - Reich und Konzil (1521-1566)
U. Mazzone - Versammlungs- und Kontrolltechniken
L. Châtellier - Die Erneuerung der Seelsorge und die Gesellschaft nach dem Konzil von Trient
K. Ganzer - Das Konzil von Trient: Antrieb oder Hemmschuh für die Kirche der Neuzeit?
W. Brückner - Die Neuorganisation von Frömmigkeit des Kirchenvolkes im nachtridentinischen Konfessionsstaat
A. Prosperi - Die Beichte und das Gericht des Gewissens
M. Turrini - Recht und Theologie in der Neuzeit; einige Untersuchungsansätze
G. Angelozzi - Das Verbot des Duells. Kirche und adeliges Selbstverständnis
P. Burschel - "Imitatio sanctorum". Oder: Wie modern war der nach-tridentinische Heiligenhimmel?
A. Turchini - Die Visitation als Mittel zur Regierung des Territoriums
C. Nubola - Visitationen zwischen Kirchen und Staaten im 16. und 17. Jahrhundert
A. Conrad - Das Konzil von Trient und die (unterbliebene) Modernisierung kirchlicher Frauenrollen
G. Zarri - Die tridentinische Ehe
V. Reinhardt - Das Konzil von Trient und die Naturwissenschaften. Die Auseinandersetzung zwischen Bellarmin und Galilei als Paradigma
C. Poni - Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie und Gegenreformation. Die polemische Theologie des Tommaso Bozio
R. Astorri - Das Konzil von Trient im Denken der Kanonisten Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts

Parole chiave

  • Kirchengeschichte
  • Moderne
  • Konzil von Trient

Recensioni

"Die Edition und Präsentation von Ergebnissen internationaler und mehrsprachiger Tagungen stellen ein Redaktionsteam und einen Verlag stets vor große Herausforderungen. Nach großer Erwartung legte der Berliner Verlag 'Duncker & Humblot GmbH' die Resultate der 38. Studienwoche (11.-15. September 1995) des 'Italienisch-Deutschen Historischen Instituts' in Trient vor. 'Das Konzil von Trient und die Moderne', war dieses Treffen überschrieben und pünktlich zum 450. Jahrestag der Eröffnung des Konzils von Trient (13. Dezember 1545) gewählt worden. Nachdem die italienische Ausgabe des Tagungsbandes bereits 1996 bei 'il Mulino' in Bologna erschienen war, ließ sich die deutsche Version erheblich mehr Zeit. Um es vorab zu sagen: Für alle, denen der Zugang zur italienischsprachigen Ausgabe verwehrt war, hat sich das Warten gelohnt. Als Herausgeber fungieren mit Paolo Prodi (Bologna) und Wolfgang Reinhard (Freiburg) zwei Gelehrte, die sich seit Jahrzehnten intensiv und fruchtbar mit der Konzilsgeschichte oder der Geschichte der frühen Neuzeit auseinandersetzen. Insgesamt waren in Trient 18 Fachleute aus vier Ländern zusammengekommen - wobei Italien mit zehn Referenten ein gewisses Übergewicht besaß. Der Umfang ihrer hier präsentierten Beiträge schwankt zwischen 14 und 38 Seiten, bleibt also durchweg in einem übersichtlichem Rahmen. ... Die Schwierigkeiten der Zeit mit ihrem historisch-konfessionellen Wandel zwangen zu Reaktionen und Definitionen, die für manch strengen Kanonisten nach Häresie gerochen haben dürften. Rationalisierung, Indivudalisierung und Sozialdisziplinierung sind Stichworte, die auf Aspekte der Modernisierung der Kirche in, nach und durch Trient hinweisen. Die Beiträge des Tagungsbandes gehen auf solche Paradigmen ein. Die Beziehungen von Kirche, Reich, Landesfürsten und Konzil (Konrad Repgen), die Verfahrensregeln der Konzildebatten (Umberto Mazzone), die reglementierte (langfristig säkularisierte) Ehe (Gabriella Zarri), die Rolle der Frau (Anne Conrad), die erneuerte Seelsorge (Louis Chatellier), die Volksfrömmigkeit (Wolfgang Brückner), die Beichte (Adriano Prosperi), die Heiligenverehrung (Peter Burschel), die Visitationen (Cecilia Nubola) und die Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften (Volker Reinhardt) sind nur einige der hier behandelten, höchst anregenden Schwerpunkte." Hartmut Benz, in: Die Tagespost, Nr. 120, 05.10.02